Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung ist verfassungswidrig

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Berlin, 25. Januar 2018 - Das Sozialgericht Freiburg ist der Auffassung, dass die Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung Familien in verfassungswidriger Weise benachteiligt. Daher hat es diese Frage am Dienstag (23.1.2018) dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt. Das Freiburger Gericht folgt damit der Argumentation des Familienbundes der Katholiken (FDK) und des Deutschen Familienverbandes (DFV), die sich gemeinsam seit vielen Jahren für familiengerechte Beiträge in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung einsetzen – aktuell im Rahmen der Kampagne elternklagen.de.

 „Dass die Benachteiligung von Familien in der Sozialversicherung richterlich bestätigt wurde, ist ein wichtiger Erfolg für die Familien in Deutschland“, sagte der Präsident des Familienbundes, Stefan Becker. „Das Freiburger Sozialgericht ist mit uns der Auffassung, dass der Gesetzgeber das Pflegeurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. April 2001 nicht verfassungskonform umgesetzt hat.“  Die Karlsruher Richter hatten damals entschieden, dass es dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes widerspricht, wenn der Gesetzgeber bei der Erhebung der Sozialversicherungsbeiträge nicht berücksichtigt, dass Eltern einen doppelten Beitrag für die Sozialversicherung erbringen. Neben den Geldbeiträgen stelle die zeit- und kostenaufwendige Erziehung von Kindern einen ebenso wichtigen Beitrag für die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung dar. Denn diese Versicherungszweige seien als umlagefinanzierte Systeme auf gut ausgebildete neue Beitragszahler existenziell angewiesen. Um Eltern nicht übermäßig mit Beiträgen zu belasten, müssten diese bei den Geldbeiträgen entlastet werden.

„Der vom Gesetzgeber im Jahr 2005 in der Pflegeversicherung eingeführte minimale Beitragszuschlag von 0,25 Prozentpunkten für Kinderlose wird der Argumentation des Bundesverfassungsgerichts und der Verfassung nicht gerecht“, so Stefan Becker. „Denn zum einen werden alle Eltern gleich behandelt, obwohl Familien mit vielen Kindern einen deutlich höheren generativen Beitrag erbringen als Familien mit nur einem Kind. Zum anderen zahlen auch Eltern mit erwachsenen Kindern einen niedrigeren Pflegeversicherungsbeitrag, obwohl sie aktuell keinen Zeit- und Kostenaufwand mehr für ihre Kinder haben und daher – in ökonomischer Hinsicht – kinderlos sind. Hinzu kommt: Bei den Beitragserhöhungen seit 2005 hat der Gesetzgeber nicht mehr danach differenziert, ob Kinder betreut und erzogen werden. Selbst den Pflegevorsorgefonds, in dem derzeit Geld angespart wird, um dem Problem zukünftig fehlender Beitragszahler entgegenzuwirken, finanzieren Eltern und Kinderlose gleichermaßen – obwohl Eltern für das demografische Problem gar nicht verantwortlich sind! Der Gesetzgeber hat also bisher keine Beitragsgerechtigkeit hergestellt, sondern weitere verfassungswidrige Gleichheitsverstöße begangen.“ Nach der Vorlage durch das Sozialgericht Freiburg hat jetzt das Bundesverfassungsgericht die Gelegenheit, in konsequenter Fortführung seiner Entscheidung von 2001 endlich Gerechtigkeit für Familien in der Sozialversicherung herzustellen. Becker unterstreicht die Bedeutung der Frage für die Familien: „Die vom Familienbund geforderte Einführung von Kinderfreibeträgen in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung würde Familien derzeit um 227 Euro pro Monat und Kind entlasten.“