Stellungnahme des Familienbundes der Katholiken

· Stellungnahmen

zum Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD „Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland“ vom 27. Januar 2009, BT-Drucks. 16/11740


I. Allgemeine Erwägungen

Der Familienbund der Katholiken begrüßt das Anliegen des Entwurfs, angesichts der drohenden gewaltigen Auswirkungen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise auf Beschäftigung und wirtschaftliche Prosperität in Deutschland, mit einem Maßnahmenpaket gegenzusteuern, um Arbeitsplätze zu sichern und zugleich die Grundlagen für Innovationen und eine bessere soziale Infrastruktur zu legen. Zur Gründung und Unterhaltung einer Familie bedarf es einer stabilen wirtschaftlichen Basis. Die Sicherung von Arbeitsplätzen entspricht insoweit den essentiellen Interessen der Familien in Deutschland. Zugleich sind Familien auf bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Betreuungs- und Bildungsinfrastrukturen angewiesen. Die geplanten Investitionen in Schulen, Universitäten und Kindergärten sind aus Sicht der Familien nachdrücklich zu begrüßen.

Familien sind jedoch nicht nur auf Beschäftigung und wirtschaftliche Stabilität angewiesen, sondern tragen durch ihr Konsumverhalten entscheidend zur Sicherung der volkswirtschaftlichen Grundlagen bei. Familien kommt daher eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung der gegenwärtigen Krise zu. In Übereinstimmung mit der Intention des Entwurfs, durch die gezielte Stärkung der Kaufkraft von Familien neue Nachfrageimpulse auszulösen, unterstützt der Familienbund grundsätzlich die angestrebte Entlastung der Familien von Steuern und Sozialabgaben sowie die Aufstockung von Transferleistungen. Allerdings können die Maßnahmen nur dann volkswirtschaftliche Effekte entfalten, wenn sie zu einer deutlichen und nachhaltigen Verbesserung der finanziellen Situation von Familien führen. Insoweit sieht der Familienbund erheblichen Nachbesserungsbedarf am vorliegenden Gesetzesentwurf.

Zwingender Korrekturbedarf ergibt sich insbesondere in Folge der grundsätzlich zu begrüßenden Anhebung der Regelsätze für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren in Bedarfsgemeinschaften nach SGB II und SGB XII auf 70% des Eckregelsatzes. Allein aufgrund der bezeichneten Regelsatzanhebung müssen die aktuellen Freibeträge für Kinder in Höhe von 6.024 € pro Jahr um mindestens weitere 192 € angehoben werden.  Die Anhebung der Regelsätze wirkt sich aus verfassungsrechtlichen Gründen automatisch auf das steuerrechtliche Kinderexistenzminimum und damit den Kinderfreibetrag aus.

Zugleich muss das Kindergeld um mindestens weitere 6 € pro Monat steigen. Die Anhebung der Kinderfreibeträge hat nämlich im gleichen Verhältnis beim Kindergeld zu erfolgen, da ansonsten Familien im unteren und mittleren Einkommensbereich leer ausgehen und der Förderanteil des Kindergeldes weiter sinkt. Schon jetzt sind über die Hälfte der staatlichen Kindergeldzahlungen ausschließlich die Rückzahlung zuviel erhobener Lohnsteuern und keine Familienförderung.

Der Familienbund gibt darüber hinaus zu bedenken, dass es sowohl im Interesse der konjunkturpolitisch gewollten Konsumbelebung als auch im Interesse eines angemessenen Familienleistungsausgleichs sachgerecht wäre, die im Entwurf ab 1. Januar 2010 vorgesehene Höhe des Grundfreibetrags für Erwachsene von 8.004 € auch auf den Kinderfreibetrag zu erstrecken. Familien sind gezwungen, einen überdurchschnittlich hohen Anteil ihrer Einnahmen für den Konsum auszugeben. Eine gezielt Familien in den Blick nehmende spürbare Entlastung würde deutlich zur Konjunkturbelebung beitragen und die kaum nachvollziehbare Ungleichbehandlung von Erwachsenen und Kindern bei den steuerlichen Freibeträgen beenden. Zugleich sollte das Kindergeld langfristig auf 300 € monatlich angehoben werden. Dieser Betrag entspricht in etwa der maximalen Freibetragswirkung eines dergestalt erhöhten Kinderfreibetrages.

Die geplante Einmalzahlung eines Kinderbonus in Höhe von 100 € je Kind greift vor diesem Hintergrund zu kurz. Familien brauchen angesichts der stark gestiegenen Lebenshaltungskosten der vergangenen Jahre bei gleichzeitig sinkenden Nettolöhnen dauerhafte und deutlich höhere Entlastungen und Verbesserungen bei den Transferleistungen. Einmalzahlungen bieten Familien keinen verlässlichen Planungsrahmen für die Bewältigung der drohenden Krisenmonate. Eine nachhaltige Stimulierung ihres Konsumverhaltens im volkswirtschaftlichen Interesse ist ohne die kontinuierliche spürbare Entlastung und Unterstützung von Familien nicht zu erreichen.

Unabhängig davon kritisiert der Familienbund die Beschränkung der Nichtanrechnung des Kinderbonus lediglich auf staatliche Sozial- und Unterhaltsleistungen. Konsequenterweise wird verlangt, dass eine Anrechnung auf die steuerliche Freibetragswirkung ebenfalls entfällt. Die starke Steigerung der Lebenshaltungskosten in den vergangenen Jahren betrifft alle Kinder. Bereits in mittleren Einkommensbereichen käme es nach dem vorliegenden Entwurf nicht zur vollen Zahlung des ohnehin unzureichenden Bonus.

Der Familienbund weist auf Unausgewogenheiten im Gesamtkontext des Entwurfs hin. So ist es hinsichtlich der politischen Prioritätensetzung kaum nachvollziehbar, dass Familien ein Kinderbonus lediglich in Höhe von maximal 100 € gewährt, Altautobesitzern dagegen eine „Abwrackprämie“ in Höhe von 2.500 € in Aussicht gestellt wird.

Der Familienbund fordert die Parteien auf, das Maßnahmenpaket des Konjunkturprogramms zu nutzen, das im Familienleistungsgesetz vom 22.12.2008 begründete „Schulbedarfspaket“ für Kinder aus Bedarfsgemeinschaften nach SGB II und SGB XII auch über den Besuch der 10. Klasse einer allgemeinbildenden Schule hinaus auszudehnen. Die von allen Parteien des Deutschen Bundestages geforderte Ausdehnung entspricht bildungspolitischen Notwendigkeiten und vermeidet den Anschein, dass einer weiterführenden Ausbildung von Kindern aus Bedarfsgemeinschaften nach SGB II und SGB XII kein Interesse entgegen gebracht wird. Sie steht auch im Einklang mit den konjunkturpolitischen Zielsetzungen des Entwurfs, da ausweislich seiner Problembeschreibung die deutsche Wirtschaft in der globalen Arbeitsteilung immer stärker auf Arbeitnehmer mit guten Qualifikationen angewiesen ist.

In Übereinstimmung mit der Erkenntnis des Bundessozialgerichts (Beschluss vom 27.01.2009, AZ B 14/11b AS 9/07 und B 14 AS 5/08 R) fordert der Familienbund mittelfristig eine kindspezifische Ermittlung der Regelbedarfe für Kinder aus Bedarfsgemeinschaften nach SGB II und SGB XII. Aufgrund von vornherein unterschiedlichen Bedarfslagen von Erwachsenen und Kindern ist die Ableitung der Kinderregelsätze vom Erwachsenenregelsatz nicht sachgerecht.

Im Hinblick auf die Sicherung der Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft für kommende Generationen appelliert der Familienbund an die Parteien, das gesamte Maßnahmenpaket strikt an den Erfordernissen des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit auszurichten.

 

II. Zu den Regelungen im Einzelnen

Artikel 1 (Änderung des Einkommensteuergesetzes)

Freibeträge für Kinder
Der Familienbund weist darauf hin, dass die Anhebung der Regelsätze für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren in Bedarfsgemeinschaften nach SGB II und SGB XII auf 70% des Eckregelsatzes zwingend eine Anhebung der aktuellen Freibeträge für Kinder im Sinne von § 32 Abs. 6 EStG um mindestens 192 € pro Jahr auf 6.216 € pro Jahr zur Folge hat.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird die steuerliche Leistungsfähigkeit von Eltern durch die Kosten für den Lebensunterhalt  ihrer Kinder gemindert. Entsprechend ist das Kinderexistenzminimum von der Einkommenssteuer zu verschonen. Die Freibeträge für Kinder dürfen die Kindermindestbedarfe nicht unterschreiten.

Der im Sozialhilferecht anerkannte Mindestbedarf ist Maßgröße für das sächliche Existenzminimum im Einkommensteuerrecht (vgl. BVerfGE 87, 153, 169 ff.). Die Sozialhilfe bildet mit ihren Leistungen das unterste soziale Netz und entspricht dem in der Rechtsgemeinschaft anerkannten Mindestbedarf.

Die Leistungen im Sozialhilferecht richten sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls. Im Einkommensteuerrecht wird das Existenzminimum in typisierender Form berücksichtigt. Im Rahmen der Typisierung sind die zu berücksichtigenden Komponenten so zu bemessen, dass die steuerlichen Regelungen in möglichst allen Fällen den existenznotwendigen Bedarf abdecken (BVerfGE 99, 246, 261).

Zur Darstellung der maßgebenden Beträge für die Bemessung der steuerfrei zu stellenden Existenzminima legt die Bundesregierung alle zwei Jahre einen Existenzminimumbericht vor. In ihrem Siebenten Existenzminimumbericht vom 21.11.2008 (BT-Drucks. 16/11065) berechnet die Bundesregierung das sächliche Existenzminimum von Kindern mit 3.864 € pro Jahr. Neben anteiligen Wohn- und Heizkosten wird dabei ein durchschnittlicher Regelbedarf von 235 € pro Monat bzw. 2.820 € pro Jahr in Ansatz gebracht. Dieser wird als Durchschnittswert der sozialhilferechtlichen Regelsätze für Kinder unter 18 Jahren dergestalt ermittelt, dass entsprechend der sozialhilferechtlichen Vorgaben im Gesamtzeitraum von 18 Lebensjahren die ersten 14 Lebensjahre mit 60% und die weiteren 4 Lebensjahre mit 80% des Eckregelsatzes bewertet werden. Daraus ergibt sich ein Durchschnittsregelsatz von 64,44% des Eckregelsatzes.

Diese Berechnungsgrundlage im Siebenten Existenzminimumbericht der Bundesregierung wird im Falle einer Anhebung des Regelsatzes für Kinder im Alter zwischen 6 und 13 Jahren auf 70% des Eckregelsatzes obsolet. Im Gesamtzeitraum von 18 Lebensjahren sind dann die ersten 6 Lebensjahre mit 60%, die nächsten 8 Lebensjahre mit 70% und weitere 4 Lebensjahre mit 80% des Eckregelsatzes zu veranschlagen. Damit erhöht sich unter Zugrundelegung des Berechnungsmodells der Bundesregierung der Durchschnittsregelsatz auf 68,89% des Eckregelsatzes. Bezogen auf den im Siebenten Existenzminimumbericht ermittelten Eckregelsatz in Höhe von 364 € pro Monat entspricht das einem durchschnittlichen Regelbedarf für Kinder von 251 € pro Monat bzw. 3.012 € pro Jahr.

Damit liegt der durchschnittliche Regelbedarf pro Jahr um 192 € über dem im Siebenten Existenzminimumbericht ermittelten Wert. Der Bericht ist insoweit aufgrund der Änderung der ihm zugrunde liegenden normativen Annahmen durch den Gesetzgeber als überholt anzusehen. Das sächliche Kinderexistenzminimum beträgt danach 4.056 € pro Jahr und die Gesamtsumme der Bedarfe unter Einschluss des Bedarfs für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung 6.216 € pro Jahr. Folglich ist es verfassungsrechtlich geboten, die Freibeträge für Kinder mindestens auf 6.216 € pro Jahr anzuheben. 

Der Familienbund weist darauf hin, dass sich eine Anhebung der Kinderfreibeträge mindestens auf 6.216 € pro Jahr allein aus der Systematik und Methodik der Berechung des Kinderexistenzminimums in der Existenzminimumberichterstattung der Bundesregierung ergibt. Aus Sicht des Familienbundes entspricht diese Berechnung nicht vollständig den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Ermittlung eines realitätsgerechten Existenzminimums in möglichst allen Fällen. Bei hinreichender Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben müssten die Kinderfreibeträge weitaus höher liegen.

Unabhängig davon fordert der Familienbund, die Freibeträge für Kinder auf 8.000 € pro Jahr anzuheben. Nur in diesem Falle kann von einem über das verfassungsrechtlich vorgegebene Mindestmaß hinausgehenden angemessenen Familienleistungsausgleich gesprochen werden. In diesem Zusammenhang gibt der Familienbund zu bedenken, dass es auch im Interesse der konjunkturpolitisch gewollten Konsumbelebung sachgerecht wäre, die im Entwurf ab 1. Januar 2010 vorgesehene Höhe des Grundfreibetrags für Erwachsene von 8.004 € auch auf den Kinderfreibetrag zu erstrecken. Familien sind gezwungen, einen überdurchschnittlich hohen Anteil ihrer Einnahmen für den Konsum auszugeben. Eine gezielt Familien in den Blick nehmende spürbare Entlastung würde deutlich zur Konjunkturbelebung beitragen und die kaum nachvollziehbare Ungleichbehandlung von Erwachsenen und Kindern bei den steuerlichen Freibeträgen beenden. Die Ausgaben für Kinder sind aufgrund der überdurchschnittlichen Bedarfe u.a. für Bekleidung und Bildung denen von Erwachsenen durchaus vergleichbar.

Kinderbonus
Der Familienbund bewertet die in § 66 Abs. 1 EStG n.F. vorgesehene Einmalzahlung in Höhe von 100 € je Kind (Kinderbonus) an alle Kindergeldberechtigten als gut gemeinte, für sich allein jedoch nicht hinreichende Maßnahme. Familien brauchen angesichts der stark gestiegenen Lebenshaltungskosten der vergangenen Jahre bei gleichzeitig sinkenden Nettolöhnen dauerhafte und deutlich höhere Entlastungen und Verbesserungen bei den Transferleistungen. Einmalzahlungen können diesen Bedarf nicht ersetzen, sondern lediglich ergänzenden Charakter haben. Der Kinderbonus allein bietet Familien keinen verlässlichen Planungsrahmen für die Bewältigung der drohenden Krisenmonate. Eine nachhaltige Stimulierung ihres Konsumverhaltens im volkswirtschaftlichen Interesse ist ohne die kontinuierliche spürbare Entlastung und Unterstützung von Familien nicht zu erreichen.

Unabhängig davon kritisiert der Familienbund die Beschränkung der Nichtanrechnung des Kinderbonus lediglich auf staatliche Sozial- und Unterhaltsleistungen. Konsequenterweise wird verlangt, dass eine Anrechnung auf die steuerliche Freibetragswirkung ebenfalls entfällt. Die starke Steigerung der Lebenshaltungskosten in den vergangenen Jahren betrifft alle Kinder. Bereits in mittleren Einkommensbereichen käme es nach dem vorliegenden Entwurf nicht zur vollen Zahlung des ohnehin unzureichenden Bonus.

Unter Zugrundelegung der im vorliegenden Entwurf geplanten Korrektur des Einkommensteuertarifs wird der Kinderbonus bei einem Ehepaar mit einem Kind bereits ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 67.440 € teilweise mit der Einkommensteuer verrechnet. Ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 74.718 € wird der Kinderbonus vollständig verrechnet. Anhand dieser Beträge wird deutlich, dass vor allem Familien in mittleren Einkommensgruppen zu den Verlierern einer Anrechnungslösung gehören. Die Anzahl der betroffenen Familien mit Spitzeneinkommen fällt demgegenüber vergleichsweise gering aus.

Die Argumentation der Entwurfsbegründung, einen Nachfrageimpuls u.a. gezielt bei Familien mit mehreren Kindern setzen zu wollen, ist nur teilweise tragfähig. Unabhängig von der Kinderanzahl beginnt die (teilweise) Verrechnung mit der Einkommensteuer bei einem Ehepaar ab 67.440 € zu versteuerndem Jahreseinkommen und bei Alleinerziehenden ab 33.720 € zu versteuerndem Jahreseinkommen.

Kindergeld
Der Familienbund weist darauf hin, dass die in § 66 Abs. 1 EStG bezeichneten Kindergeldbeträge, infolge der Anhebung des Regelsatzes für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren in Bedarfsgemeinschaften nach SGB II und SGB XII auf 70%, jeweils um mindestens 6 € auf 170 € monatlich für erste und zweite Kinder, 176 € monatlich für dritte Kinder sowie um mindestens 7 € auf 202 € monatlich für weitere Kinder steigen müssen.
In dem Verhältnis, in dem aufgrund der Regelsatzerhöhung das Kinderexistenzminimum und damit der Kinderfreibetrag steigen, ist auch das Kindergeld anzuheben. Ansonsten würde der Anteil am Kindergeld, der eine echte Förderung von Familien ist, weiter abnehmen. Schon jetzt handelt es sich bei über der Hälfte der staatlichen Kindergeldzahlungen ausschließlich um die Rückzahlung zuviel erhobener Lohnsteuern und nicht um Familienförderung. Der Deutsche Bundestag hat in einer Entschließung (BT Drucks. 13/1558) in zutreffender Weise festgestellt, dass das Kindergeld entsprechend zu erhöhen ist, wenn der Kinderfreibetrag steigt.

Müssen wie bereits dargestellt die Freibeträge für Kinder von 6.024 € pro Jahr auf 6.216 € pro Jahr steigen, entspricht das einer Erhöhung um 3,2%. Für das aktuelle Kindergeld in Höhe von 164 € monatlich für erste und zweite Kinder bedeutet das eine Anhebung um mindestens 6 € auf 170 € monatlich. Für dritte Kinder muss der jeweilige Erhöhungsbetrag ebenfalls mindestens 6 € betragen, für vierte und weitere Kinder 7 €.

Sieht man für die Steigerung des Kindergeldes ausschließlich die Anhebung des sächlichen Kinderfreibetrages als maßgeblich an, würde die Anhebung noch höher ausfallen. Der sächliche Freibetrag steigt von 3.864 € auf 4.056 € im Jahr, was einer Steigerung von 5,0% entspricht. Das Kindergeld müsste auf dieser Grundlage für erste und zweite Kinder von 164 € monatlich um 9 € auf 173 € monatlich steigen. Für dritte Kinder müsste der Erhöhungsbetrag ebenfalls mindestens 9 € betragen, für vierte und weitere Kinder 10 €.

Im Interesse eines angemessenen Familienleistungsausgleichs hält der Familienbund darüber hinausgehend langfristig eine Erhöhung des Kindergeldes auf 300 Euro für alle Kinder für notwendig. Korrespondierend mit der ebenfalls geforderten Erhöhung der Freibeträge für Kinder auf 8.000 € (s.o.) entspräche das Kindergeld damit der maximalen Freibetragswirkung. Dem Wunsch einer finanziellen Gleichbehandlung aller Kinder in der Zusammenschau von Kindergeld und Kinderfreibetrag wäre damit Rechnung getragen, ohne verfassungsrechtliche Vorgaben zur Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in Frage zu stellen.

Artikel 3 (Änderung des Bundeskindergeldgesetzes)
Auf die Ausführungen zu Art. 1 (Kinderbonus, Kindergeld) wird verwiesen.

Artikel 5 (Gesetz zur Nichtanrechnung des Kinderbonus)
Auf die Ausführungen zu Art. 1 (Kinderbonus) wird verwiesen. Der Familienbund empfiehlt folgende Ergänzung als Satz 3: „Der Einmalbetrag wird auf die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 Einkommensteuergesetz nicht angerechnet.“

Artikel 8 (Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch)

Kinderregelsätze
Der Familienbund der Katholiken begrüßt die in § 74 SGB II n.F. vorgesehene Anhebung des Regelsatzes für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren in Bedarfsgemeinschaften nach SGB II auf 70% des Eckregelsatzes als Schritt in die richtige Richtung. Der bislang geltende einheitliche Regelsatz für alle Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres erscheint nicht sachgerecht, da insbesondere im Schulalter kindbezogene Ausgaben stark ansteigen. Damit ist der aktuelle Regelsatz in Höhe von 60% des Eckregelsatzes besonders für Kinder im Alter zwischen 6 und 13 Jahren wesentlich zu gering bemessen.

Im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Beschluss vom 27.01.2009, AZ B 14/11b AS 9/07 und B 14 AS 5/08 R) fordert der Familienbund mittelfristig eine grundsätzliche Neubemessung der Kinderregelsätze, die sich am spezifischen Bedarf von Kindern orientieren müssen. Eine Ableitung vom Erwachsenenregelsatz ist aufgrund der vorn vornherein unterschiedlichen Bedarfslagen sachlich nicht begründbar.

Vorgeschlagen wird, die Erhöhung des Kinderregelsatzes für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren nicht als befristete Maßnahme in einem isolierten Artikel zu regeln, sondern die Neuregelung als zunächst dauerhafte Maßnahme in § 28 SGB II zu integrieren. Letztlich kommt der Gesetzgeber mit der Erhöhung nicht ausschließlich konjunkturpolitischen Notwendigkeiten nach, sondern passt das normativ zu bestimmende soziokulturelle Existenzminimums stärker an das tatsächliche Ausgabenverhalten der Betroffenen an. Erst jüngst hat das LSG Darmstadt (AZ L 6 AS 336/07) kritisiert, dass die aktuellen Regelsätze mit der Menschenwürde und dem Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes unvereinbar sind. Sobald die Berechnung kindspezifischer Regelsätze erfolgt ist, ist § 28 SGB II insgesamt einer Revision zu unterziehen.

Hingewiesen wird darauf, dass der Deutsche Caritasverband am 7. Oktober 2008 einen fundierten Vorschlag für die Bestimmung eigenständiger Regelsätze für Kinder vorgelegt hat. Die dabei ermittelten Beträge liegen ganz erheblich über den gegenwärtigen abgeleiteten Regelsätzen für Kinder.

„Schulbedarfspaket“
Der Familienbund fordert darüber hinaus die Parteien auf, das Maßnahmenpaket des Konjunkturprogramms zu nutzen, das im Familienleistungsgesetz vom 22.12.2008 begründete „Schulbedarfspaket“ für Kinder aus Bedarfsgemeinschaften nach SGB II und SGB XII auch über den Besuch der 10. Klasse einer allgemeinbildenden Schule hinaus auszudehnen. Die von allen Parteien des Deutschen Bundestages geforderte Ausdehnung entspricht der bildungspolitischen Notwendigkeit einer Verbesserung der sozialen Durchlässigkeit des deutschen Bildungssystems und vermeidet den Anschein, dass einer weiterführenden Ausbildung von Kindern aus Bedarfsgemeinschaften nach SGB II und SGB XII kein Interesse entgegen gebracht wird. Sie steht auch im Einklang mit den konjunkturpolitischen Zielsetzungen des Entwurfs, da ausweislich seiner Problembeschreibung die deutsche Wirtschaft in der globalen Arbeitsteilung immer stärker auf Arbeitnehmer mit guten Qualifikationen angewiesen ist.

Vorgeschlagen wird eine Erstreckung des in § 24a SGB II bzw. in § 28a SGB XII normierten Schulbedarfspakets auf in Bedarfsgemeinschaften nach SGB II und SGB XII lebende Schülerinnen und Schüler allgemeinbildender Schulen auch über die Jahrgangsstufe 10 hinaus sowie auf Studierende und Auszubildende in Ausbildungen, für die grundsätzlich eine Förderung nach dem BAFöG möglich ist. Die Unterhaltspflicht von Eltern endet nicht mit dem Abschluss einer allgemeinbildenden Schule, so dass eine Ausdehnung der Regelung auf alle nach dem BAFöG förderungsfähigen Ausbildungsgänge notwendig ist.

Artikel 15 (Änderung der Regelsatzverordnung)
Auf die Ausführungen zu Art. 8 wird verwiesen.


Berlin, 5. Februar 2009

Familienbund der Katholiken, Bundesgeschäftsstelle
Markus Faßhauer / Reinhard Loos

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