Eingangsstatement zur Anhörung im BT-Familienausschuss am 14. Januar 2019

· Stellungnahmen · Steuern, Transfers, soziale Sicherung

– Öffentliche Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages am 14. Januar 2019 zu dem Antrag der Fraktion der FDP „Wirksame, digitale und transparente Familienleistungen – Die Evaluation von ehe- und familienpolitischen Leistungen als dauerhafter Prozess“ (BT-Drucksache 19/3174) –

 

Der Familienbund der Katholiken begrüßt grundsätzlich das Anliegen der FDP-Fraktion, die Evaluation familienpolitischer Leistungen fortzuführen. Der Evaluationsbedarf richtet sich aber nicht nach einem festen Turnus, sondern sollte jeweils konkret, bezogen auf bestimmte familienpolitische Leistungen und Schnittstellen festgestellt werden.

Ein Bedarf für eine Neuauflage der 2014 fertiggestellten Gesamtevaluation aller ehe- und familienbezogenen Leistungen erscheint dem Familienbund nicht gegeben. Eine Ausweitung des Evaluationsumfangs auf alle ehe- und familienpolitischen Leistungen des Bundes, der Länder und der Kommunen stößt auf praktische Schwierigkeiten. In vielen Fällen fehlt es schon an der für eine Evaluation erforderlichen Datengrundlage. Statt mehr in die Breite zu gehen, sollten daher die wesentlichen familienpolitischen Leistungen vertiefter, differenzierter und im Hinblick auf weitere Ziele und Aspekte geprüft werden.

Dem Familienbund ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Gesamtevaluation von 2014 durch die von der Bundesregierung getroffene Auswahl der untersuchten Ziele und die vorgenommenen Zieldefinitionen nur einen begrenzten Fokus hatte. Vor allem in der im Endbericht vorgenommenen Ergebnisinterpretation erfolgt eine Engführung auf im Schwerpunkt arbeitsmarktpolitische Fragestellungen. Wichtiges Kriterium für die Bewertung von familienpolitischen Leistungen wird die Frage, ob diese dazu beitragen, durch Arbeitsanreize das Erwerbsarbeitsangebot in Deutschland zu erhöhen. Ob die Leistungen jedoch den Familien gemeinsame Zeit oder die freie Wahl des gewünschten Familienmodells ermöglichen, bleibt unberücksichtigt. Weitgehend ausgeblendet werden in der Gesamtevaluation zudem Fragen des gerechten Leistungsausgleichs für Familien und verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen für mögliche Reformen. Der begrenzte Fokus der Gesamtevaluation sollte berücksichtigt werden, bevor voreilige Schlüsse gezogen werden.

Die weitgehende Ausblendung rechtlicher und verfassungsrechtlicher Fragen hat zudem zum „200-Milliarden-Euro-Märchen“ geführt, der Vorstellung, dass jedes Jahr unglaubliche Beträge für Familienförderung ausgegeben werden. Tatsächlich sind jedoch höchstens ein Viertel dieser Summe echte Familienförderung, über die der Staat frei disponieren kann. Während in der Gesamtevaluation penibel jede Maßnahme aufgezählt wird, die auch nur im Entferntesten etwas mit Ehe und Familie zu tun hat, bleiben die Leistungen, die Familien für die Gesellschaft erbringen unberücksichtigt. Würde man diese Leistungen gegenrechnen, wäre der Saldo für Familien negativ. Das hat u.a. Prof. Martin Werding von der Ruhruniversität Bochum ausgerechnet. Die Gesamtevaluation macht daher Leistende – nämlich die Familien – zu Leistungsempfängern. Das ist schlechterdings unfair. Da die falsche Vorstellung üppig geförderter Familien die Umsetzung neuer familienpolitischer Maßnahmen erschwert, kann man die Gesamtevaluation in diesem Sinne durchaus als Eigentor für die Familienpolitik bezeichnen.

Neuen Evaluationen, die diesen Missstand beseitigen und Leistungen von Familien für die Gesellschaft fair gegenrechnen, steht der Familienbund daher sehr aufgeschlossen gegenüber.

 

Matthias Dantlgraber