Presseschau des Tages // 16.1.2018

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Union und SPD haben in ihrem Sondierungspapier festgelegt, das sogenannte Kooperationsverbot zwischen Bund und Bundesländern im Bildungsbereich aufzuheben. Es besagt, dass der Bund keinen Einfluss auf die Finanzierung von Einrichtungen ausüben darf, für die die Bundesländer zuständig sind.  Dagegen regt sich nun begründeter Widerstand: Der Bildungsföderalismus hat sich nach Ansicht des ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier bewährt. Er sei auch für die Zukunft unverzichtbar, so Papier am Montag in Berlin. Er äußerte sich bei der Festveranstaltung zu "70 Jahre Kultusministerkonferenz" und der Präsidentschaftsübergabe 2018. Dabei übernahm Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Linke) turnusmäßig den Vorsitz der Kultusministerkonferenz von seiner baden-württembergischen Kollegin Susanne Eisenmann (CDU). Als einen Schwerpunkt seiner Präsidentschaft nannte Holter die Stärkung der Demokratiebildung. Die Legitimation des Föderalismus liege neben der Verankerung in der Verfassung in der Förderung demokratischen Teilhabe der Bürger, erläuterte Papier. Das gelte besonders in der Kultur- und Bildungspolitik. Wer dem weiteren Verfall der eigenstaatlichen Souveränität der Länder das Wort rede, "der nimmt einen weiteren Verlust an gelebter demokratischer Selbstbestimmung des Landesvolkes in Kauf", warnte er. Baden-Württembergs Bildungsministerin Eisenmann forderte eine Weiterentwicklung des Bildungsföderalismus, ohne jedoch "zentralistischen Tendenzen" nachzugeben.
Die Politik streitet außerdem weiter über das Werbeverbot für Abtreibungen. Am Mittwoch setzen sich deswegen auf Initiative der Grünen-Frauenpolitikerin Ulle Schauws die Abgeordneten von SPD, Union, Grünen, FDP und Linken zusammen. Skeptiker einer möglichen Streichung des Paragrafen befürchten im Bundestag eine neue Debatte über Abtreibungen. Die Fronten sind klar: Während sich SPD, Grüne, Linke und auch die FDP für eine Streichung oder zumindest für eine Reform einsetzen, befürchten große Teile der Union, dass der mühsam erzielte Kompromiss in der Abtreibungsfrage wieder zur Debatte gestellt wird. Sie sehe die Gefahr, dass der erzielte Konsens aufgekündigt und das Recht auf Leben partiell in die Beliebigkeit der Frau gestellt werde, sagte die CDU-Politikerin Rita Waschbüsch (CDU), die auch zu den Gründungsmitgliedern der von Katholiken gegründeten Schwangerenberatungsstelle "Donum Vitae" gehört, der Zeitschrift "Publik Forum". Die katholische Kirche sieht das ähnlich: Es bestehe die große Sorge, dass mit einer möglichen Aufhebung des Werbeverbots das mühsam ausgehandelte Gesamtkonzept rund um Schwangerenberatung und Abtreibungsverbot infrage gestellt werden könnte, so der Leiter des Katholischen Büros in Berlin, Karl Jüsten, kürzlich in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Weiteres heutiges Thema ist der zunehmende Druck auf Beschäftigte in der modernen Arbeitswelt. Die beiden großen Kirchen in Deutschland haben deshalb zur Beteiligung an den Betriebsratswahlen aufgerufen. "Leistungsverdichtung und Mehrarbeit sind zu ständigen Begleitern der heutigen Erwerbsarbeit geworden", heißt es in einer am Montag veröffentlichten Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Darin betonen Kardinal Reinhard Marx und Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der Druck auf die Beschäftigten habe weiter zugenommen. Marx und Bedford-Strohm lenken den Fokus auch auf die zunehmende Digitalisierung. "Aufgrund der Veränderungen in der Arbeitswelt bedarf es öffentlicher Debatten, wie die Arbeit in Zukunft human gestaltet werden kann", erklärten sie. Notwendig seien hierzu Leitbilder menschengerechter Arbeit. Die Kirchenvertreter betonen: "Damit Erwerbsarbeit nicht das ganze Leben bestimmt, braucht es auch Grenzen der Arbeit: Grenzen der Belastungen, Grenzen der zeitlichen Verfügbarkeit und Grenzen der Ökonomisierung." Um das Ziel einer Humanisierung der Arbeit auf den Weg zu bringen, seien starke Interessensvertretungen in den Betrieben notwendig. In Deutschland finden vom 1. März bis 31. Mai Betriebsratswahlen statt. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai)